An unserem ersten Tag in Lissabon bin ich durch Zufall auf die Internetseite www.tasteoflisboa.com gestoßen, auf der Kochkurse und Food-Touren angeboten werden. Wir haben uns spontan für die Downtown-Mouraria Food Tour entschieden und waren sehr begeistert. Die Tour startete zentral in der Innenstadt mit einer kleinen Gruppe von 7 Personen. Unsere Führerin Daniela Verela war einerseits sehr begeistert von Ihrer Heimatstadt Lissabon und noch mehr begeistert vom Essen. In einigen Situationen hatte sie fast Tränen in den Augen, als sie voller Emotionen von den Köstlichkeiten Ihres Heimatlandes erzählte. Also: die besten Voraussetzungen für eine tolle Tour. Die erste Station unserer Tour war ein kleines Lebensmittelgeschäft namens Manteigaria Silva (einen Ableger davon gibt es übrigens auch im Mercado da Ribeira) mitten in der Innenstadt von Lissabon. Der Laden bietet seit 1890 eine Vielzahl von Köstlichkeiten, vor allem aber den Nationalfisch der Portugiesen, den Bacalhau. Ihn gibt es hauptsächlich in getrockneter Form in verschiedenen Qualitätsstufen.
Wir erfahren, dass die Portugiesen alle Teile des Bacalhau essen; auch die Innereien, Kopf und Flossen. Es gibt über 1000 Rezepte wie der Bacalhau (Stockfisch) zu schmackhaftem Essen verarbeitet werden kann. Der Fisch kommt hauptsächlich aus Norwegen und Island und wird noch auf dem Fischerboot ausgenommen, gesalzen und an Land sofort im Wind getrocknet. Der getrocknete Fisch muss vor der Zubereitung entweder in Wasser oder Milch für ein bis mehrere Tage gewässert werden, bevor man ihn genießen kann.
Für uns gibt es zum Probieren eine Platte Pata Negra vom Iberico Schwein, köstliches Maisbrot, mildes und aromatisches Olivenöl und ein leckeres Fläschchen roten „Monte Das Servas“; einem aromatischen Wein aus der Region Douro.
Alles zusammen ein feiner Einstig in die kulinarische Tour. Der Pata Negra Schinken ist so fein, dass er auf der Zunge zergeht. Aufgrund der vielen Korkeichen gibt es übrigens in Portugal mehr Iberico Schweine als in Spanien, da diese ausschließlich mit Eicheln gefüttert werden. Aus diesem Grund kaufen die spanischen Züchter entweder Eicheln als Futter ein oder kaufen direkt die Schweine in Portugal ein. Die Preise der Schinken reichen von 60€/kg bis 200€/kg; der Schinken ist aber auch wirklich jeden Cent wert.
Zum Schinken gab es ein köstlich fluffiges Maisbrot. Den Mais lässt man vor der Verarbeitung in heißem Wasser quellen; das macht das Brot schön saftig. Das Brot roch ein bisschen wie süßer Maiskuchen und hatte eine tolle kernige Kruste. Zusammen mit dem Schinken und dem Olivenöl mochte man nicht aufhören zu essen. Und das war doch erst der Beginn der Tour.
Das angebotene Olivenöl „De Prado“ stammt aus biologischem Anbau und war so fein und aromatisch, dass wir uns 1,5 Liter mit nach Hause genommen haben.
Wir haben auch noch viel über die Chorizo, der portugiesischen Wurst erfahren. Sie wird stärker als z.B. in Spanien geräuchert; es gibt sie traditionell auch ganz ohne Fleisch oder mit Hühnchen. Die fleischlose Chorizo war eine Erfindung von Juden die zum Christentum konvertierten (um der Verfolgung zu entgehen), aber weiterhin auf Schweinefleisch verzichten wollten. Stark geräuchert konnte man bei der Wurst keinen Unterschied schmecken.
Unser nächste Zwischenstopp war der O Buraco Snack.
Das ist eigentlich ein kleiner Imbiss – aber der absolute Geheimtipp der Einheimischen. Hier gibt es die besten Pastéis de Bacalhau der Stadt (also fritierte Fisch-Kroketten). Die Pastéis de Bacalhau bestehen aus Fisch und Kartoffeln und werden kurz frittiert und schmecken einfach nur lecker. Dazu wurde ein Vinho Verde, also grüner Wein serviert. Das grün bezieht sich nicht auf die Farbe – Vinho Verde ist sowohl als Rot- und Weißwein, als auch als Rosé erhältlich, sondern auf die Anbauregion im Norden Portugals, die wegen der höheren Niederschlagsmenge grünere Landschaften hat als das restlichen Land. Die Trauben erhalten im Norden keine so hohe süße und der Wein wird jung in die Flaschen abgefüllt, woher auch der perlige Effekt des Weines kommt.
Die nächste Station war das kleine Restaurante Zé Dos Cornos.
Der Name des Restaurants „Dos Cornos“ stammt davon, dass der Wirt ein notorischer Schürzenjäger ist und allen Männern in der Nachbarschaft Hörner aufgesetzt hat… wurde uns zumindest erzählt.
Dort wurde ein klassischen Bifana serviert. Ein kleiner Snack für zwischendurch, der überall in Portugal gerne gegessen wird. Der Snack ist so erfolgreich, dass selbst McDonalds in Portugal seit 2013 den McBifana anbietet.
Die dünnen Schweineschnitzel werden traditionell in einem Sud aus Schmalz, Knoblauch, Lorbeer, Weißwein, Paprika, Zwiebeln und Speck gekocht. Kurz vor dem Servieren werden sie kurz auf den Grill gelegt und dann ab ins Brötchen. Als Soße wird dazu das scharfe Piri Piri gereicht, dass je nach Küche wirklich sehr scharf werden kann. Wenn man statt Schweinefleisch eine Scheibe Rindfleisch in das Brötchen packt, dann nennt man es übrigens Prego (und über den Prego de Atum hat ja schon Doro berichtet.
Danach führte uns unsere Tour in das Maurenviertel. Heute immer noch ein Stadtviertel mit einer bunt zusammengewürfelten Mischung von Menschen aus allen Teilen der Welt; viele an früheren protugiesischen Kolonien. Hier haben wir zuerst in eine kleine und sehr alte Bar im früheren Rotlichtviertel besucht. Die Tasca os Amigos Da Severa ist sehr urig und klein und abends wird dort noch traditioneller Fado gespielt. Sie liegt mitten in der Geburtsstätte des Fado und die in ganz Portugal berühmte Fado Sänderin Maria Severa ist im Haus gegenüber der Bar groß geworden. Die Bar ist auch heute noch für viele Nachtschwärmer der Beginn eines fröhlichen Zugs durch die Gemeinde.
Wir probierten dort den speziell für diese Bar hergestellten Ginha – also den traditionellen Sauerkirschlikör, den ich schon in meinem Artikel über die Time Out Markthalle vorgestellt habe. Das Rezept ist natürlich absolut geheim, aber man schmeckt etwas Zimt heraus, was ihn wirklich etwas besonders macht. Über der dunklen Bar hängt ein kleiner Topf mit einem Weinstock, der dort bereits seit über 40 Jahren hängt und jedes Jahr im Herbst sogar Trauben trägt.
Nach einem steil ansteigenden Weg hoch Richtung Festung, ist die vorletzte Station dann das kleine mosambikanische Restaurant Cantinho Do Aziz.
Das kleine Restaurant im Maurenviertel, das kein Tourist durch Zufall finden würde ist auch mein absoluter Geheimtipp. Es war so lecker dort, dass wir im Anschluss an die Tour dort sofort wieder hingegangen sind und noch mehr ausprobiert haben.
Von der Vorspeisenkarte sollte man unbedingt die Samosas probieren. Das sind Teigtaschen mit einer Art Filo-Teig und einer unglaublich leckeren Füllung. Die Samosas waren für mich definitiv ein kulinarisches Highlight unserer Lissabon-Reise. Aber aufpassen: dies ist einer der Orte, an denen die Piri Piri Sauce nicht nur scharf, sondern wirklich sehr scharf ist. In unserer Gruppe gab es trotz Vorwarnungen auch einige Tränchen.
Aber auch die anderen Gerichte sind sehr lecker und zu den meisten Gerichten gibt es auch eine Geschichte auf der Karte: z.B. das das Hühnchen in Erdnusssauce, das so lecker ist, dass eine Vegetarierin erstmal nur die Soße gestippt hat und dann nicht mehr aufhören konnte und seitdem keine Vegetarierin mehr ist. Oder das Shrimp Gericht: das hat dem Türkischen Botschafter so gut geschmeckt, dass er sich das Gericht eine Zeit lang täglich hat bringen lassen. Wir haben die Gerichte probiert und sind sicher, dass die Geschichten stimmen müssen.
Zum Dessert steigen wir dann wieder hinab aus dem Maurenviertel zurück in die Innenstadt an den Praca da Fiqueira zur Confeitaria Nacional. In der ältesten Konditorei der Stadt gibt es zum Ausklang noch ein Pastéis de Nata und einen Bica, also einen Espresso.
Die Food Tour war rundum gelungen und hat unsere Erwartungen übertroffen. Die angebotenen Touren werden von verschiedenen Menschen gemacht und auch immer wieder mit wechselnden Restaurants. Ich habe aber nur gute Kritiken gelesen und empfehle die Tour gerne weiter.
An dieser Stelle auch ein herzliches Obrigado an Dani! Sie war wunderbar – lustig, herzlich und sie hat uns einen tollen Nachmittag/ Abend ermöglicht.